Laufende Dissertationen

Erstbetreuungen durch Prof. Dr. Riklef Rambow

Autorin: Franziska Kopf
Titel: Der Verlust der Abstraktion.
Fotorealistische Architekturvisualisierungen im Spannungsfeld zwischen Realität und Spekulation
Beginn: November 2022

Die gängige Verhandlungsstrategie von Architekturentwürfen besteht darin, diese innerhalb eines Expert*innen-Kreises, bestehend aus Architekt*innen und Planer*innen, zu entwickeln und dort zu diskutieren. Um ein Verständnis der Architektur und dadurch ihre Wertschätzung zu fördern, ist es jedoch wichtig, bereits das Ungebaute der Öffentlichkeit zu vermitteln. Dies geschieht mithilfe fotorealistischer Architekturvisualisierungen, die den Entwurf wirklichkeitsgetreu darstellen und ihn so nachvollziehbar kommunizieren sollen.

Obwohl diese den Kommunikationsprozess durch ihre einfache Verständlichkeit erleichtern sollen, werden sie von Fachleuten zunehmend kontrovers diskutiert. Wesentliches Argument dieser Diskussion ist die Suggestivwirkung fotorealistischer Architekturdarstellungen: Das Bild enthält strategische und politische Intentionen und besitzt häufig einen Werbecharakter. Als Folge werden Erwartungen an das physische Gebäude evoziert, die mitunter nicht eingehalten werden können. Fotorealistische Darstellungen bewegen sich daher in einem Spannungsfeld zwischen Realität und Spekulation. Die Arbeit greift die These auf, dass dieses Kommunikationsmedium über seine rein informative Funktion hinaus die Vorstellungen der gebauten Umwelt maßgeblich formt.

Um herauszufinden, wie das Phänomen „fotorealistische Architekturvisualisierung“ unsere gegenwärtige Baupraxis und -kultur, die damit verbundenen Entscheidungsprozesse und die Teilhabe der Öffentlichkeit am Fachdiskurs beeinflusst, soll dieses auf seine kommunikativen Eigenschaften untersucht werden.

Das Ziel ist es, den suggestiven Charakter dieser Art von Architekturvisualisierungen zu definieren und seine Wirkungsweise in der Expert*innen-Lai*innen-Kommunikation zu überprüfen. Die Verwendung dieses Präsentationsmittels kann somit eingeordnet und seine Funktion als Kommunikationsinstrument reflektiert werden. Dies kann einen angepassten Umgang mit fotorealistischen Architekturvisualisierungen ermöglichen, den Blick für alternative Darstellungsweisen weiten und die Strategien der Architekturkommunikation anreichern.

Die Arbeit wird durch ein Promotionsstipendium der Konrad-Adenauer Stiftung gefördert.

Autorin: Tamara Kessel
Titel: Autismusfreundliche Barrierefreiheit planen und bauen
Beginn: Oktober 2020

Der gesellschaftlichen Diversität mit Lösungen für eine passende räumliche und  zugleich barrierefreie Umwelt zu begegnen, ist ein Anspruch an Architekten, Stadtplaner und Designer. Ihre Konzepte und Planungen müssen den Anforderungen des barrierefreien Bauens und universellen Designs gerecht werden. Dabei sollte der Planungs- und Bauprozess nicht nur messbare körperliche Vielfalt sondern auch neurobiologische und psychosoziale Eigenschaften der Nutzer aufgreifen.
Die Arbeit von Tamara Kessel befasst sich mit den komplexen Wechselbeziehungen zwischen gebauter und gestalteter Umwelt und Menschen aus dem Autismus-Spektrum. Die Besonderheiten dieser Nutzergruppe liegen nicht auf der Hand, denn Autismus hat keine dinglichen Eigenschaften. Seine subtilen und vielfältigen Erscheinungsformen stellen eine Herausforderung für die Planung autismusfreundlicher und barrierefreier Umgebungen dar. Die Gebrauchserfahrungen der gebauten Umwelten werden bei autistischen Personen von atypischen Wahrnehmungsverarbeitungsprozessen im Gehirn und – daraus folgend – eigener „Interpretation“ begleitet. Sichtbar werden Reaktionen, die in der Wechselwirkung mit der gebauten und gestalteten Umwelt entstehen.
In der Arbeit wird untersucht, wie Erkenntnisse über die Kausalität zwischen einer gebauten Umwelt und dem Empfinden und Verhalten von Menschen aus dem Autismus-Spektrum Planern helfen, Räume so zu konzipieren, dass sie einen positiven Einfluss auf die emotionalen, kognitiven und gesundheitlichen Prozesse dieser Nutzer ausüben und ihr allgemeines Wohlbefinden fördern.
So soll präventiv Stresszuständen und Überforderungsreaktionen entgegengewirkt und das Potenzial autistischer Nutzer erschlossen werden. Es wird angestrebt, die Evidenz der vorgeschlagenen Maßnahmen möglichst zu belegen, indem auf eine interdisziplinäre Kooperation zwischen Architektur, Psychologie und Neurowissenschaften zurückgegriffen wird.

 

Autor: Gregor Jonas Brundke, M. Sc.
Titel: YouTube als Archiv architektonischer Referenzen
Beginn: Juni 2020

Ausgangspunkt dieser Arbeit bilden zwei miteinander verschränkte Beobachtungen: Die Verringerung ohnehin geringer Lehranteile theoretischer und geschichtlicher Lehrstühle an deutschen Architekturfakultäten mit einhergehenden Defiziten an architektonischen Referenzen auf Seiten der Student*innen und die derzeitige Entwicklung im Bereich mitunter wissenschaftlicher Wissensvermittlung mittels Lehrvideos auf YouTube. Vor diesem Hintergrund soll als Ergänzung zur akademischen Entwurfslehre ein Videoarchiv konzeptstarker Architekturen und planungsorientierter Handlungsanweisungen entstehen, dessen Videos von und mit Student*innen in Lehrveranstaltungen konzipiert, inhaltlich erarbeitet, produziert und in Design-Based Research iterativ evaluiert und weiterentwickelt werden. Neben den Potenzialen des Lehrvideos in puncto Barrierefreiheit und Internationalisierung soll untersucht werden, welche Mechaniken bestehender YouTube Kanäle anderer Wissenschaftsbereiche auf die Architektur anwendbar und welche hieraus zu gewinnenden Erkenntnisse auf weitere Disziplinen übertragbar sind.

 

Autorin: Barbara Żak
Titel: Von der Schönheit des Sichtbetons: Eine Frage der Kommunikation?
Architekturkommunikation im Vergleich zwischen Deutschland und der Schweiz am Beispiel Sichtbeton.
Beginn: Juli 2019

Hässlich und kalt oder schön und warm? Die Verwendung von Sichtbeton als Gestaltungmittel in der Architektur ist ein vieldiskutiertes Reizthema: Die Wahrnehmung und Bewertung dieses Baustoffs durch Experten und Laien der Architektur könnte kaum unterschiedlicher sein. Angelehnt an die bisherigen Forschungsergebnisse im Feld der sog. Experten-Laien-Kommunikation in der Architektur (z.B. Rambow, 2000; Benz & Rambow, 2011) liegt der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der Frage nach dem Zusammenhang von Architekturkommunikation und der Wahrnehmung bzw. Bewertung von zeitgenössischer Architektur. Im Fokus soll hier aber besonders die Laienperspektive stehen: Kindergarten, Schule, tägliche Zeitungslektüre, Abendnachrichten oder Beteiligungsverfahren in der Nachbarschaft – an welchen Stellen im täglichen Leben kommen Laien mit dem Thema Architektur in Berührung? Wie sieht ihre „architektonische Sozialisierung“ aus und wie wirkt sich diese auf die Wahrnehmung und Bewertung von Architektur aus? Um sich diesen Fragen zu nähern, stellt die Arbeit einen länderübergreifenden Vergleich an. Auf der Suche nach positiven Beispielen der Architekturkommunikation wird aus deutscher Perspektive oft in die Schweiz geschaut, in der die Kommunikationskultur scheinbar eine „bessere“ oder zumindest eine andere ist. Würde ein und dieselbe Architektur, deren vornehmliches Hauptmerkmal Sichtbeton ist, in der Schweiz daher anders wahrgenommen und bewertet werden als in Deutschland? Durch Experteninterviews sowie eine Analyse öffentlicher Diskussionen (Zeitungen, Internetforen) zu ausgewählten Fallbeispielen wird sich diese Arbeit der Frage nach dem Zusammenhang von Kommunikation und Wahrnehmung sowie Bewertung von Architektur nähern.

 

Zweitbetreuungen durch Prof. Dr. Riklef Rambow

Autor: Susanne Gerstberger, Dipl. Ing. (Arch.)
Titel: BIOSPHÄRE + STADT. Die „BiosphereCITY“ als tragfähiges Stadt(transformations)modell – Kriterien und Zieldefinition für eineStadtentwicklungsstrategie unter der Prämisse des Prädikats „UNESCO Biosphärenreservat“. Beispiel Biosphärenreservat Lanzarote, Spanien.
Beginn: Februar 2016

Abgabe: August 2023
Erstgutachter: Prof. Henri Bava, Professur Landschaftsarchitektur / KIT

Das rasante Wachstum und die Ausbreitung von urbanen Zonen machen die Stadt zu einem der wichtigsten Handlungsfelder in der Bekämpfung des Klimawandels. Die Transformation der Stadt in einen ökologisch, ökonomisch und soziokulturell nachhaltigen Lebensraum fordert die gleichberechtigte Ko-Existenz von Stadt und Natur sowie eine harmonische Mensch-Umwelt-Beziehung. Die UNESCO formulierte diese Prämisse bereits vor mehr als 50 Jahren und deklarierte mit dem "Man and Biosphere"-Programm (MAB) seit 1976 UNESCO-Biosphärenreservate zu Experimentierfeldern, die den Schutz der Landschaft unter dem Einfluss des wirtschaftlich nachhaltig agierenden Menschen erforschen. Seit dem Jahr 1993 werden vermehrt Städte und urbane Zonen in das Konzept aufgenommen, eine Strategie zur nachhaltigen Entwicklung der Stadtlandschaft in diesen Gebieten gibt es bisher jedoch nicht.

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit diesen urbanen Experimentierfeldern und  präsentiert die „BiosphereCITY“ als Stadt(transformations)modell zur Initiierung des urbanen Transformationsprozesses. Sie definiert das Ziel, Kriterien, Leitlinien und anwendbare Werkzeuge zu entwickeln und dafür Universitäten und Bildungseinrichtungen als neue, aktive Akteure in diesen Prozess zu integrieren. Als Entwurfsbasierte Promotion konzipiert die Forschungsarbeit „Biosphäre + Stadt“ ein innovatives und experimentelles hochschuldidaktisches Lehr- und Forschungsformat, das UrbanLAB:BiosphereCITY (UL:BC). Im Format der Lehre hoch Forschung organisiert, agiert das UL:BC als Prozess-, Interaktions- und Kommunikationsplattform, um den Prozess der urbanen Nachhaltigkeitstransformation zu planen und zu entwerfen, im realen Kontext zu verorten und zu testen, Transformationswissen im Dialog zwischen Theorie und Aktion, an der Schnittstelle zwischen Lehre und Forschung, Wissenschaft und Politik, Gegenwart und Zukunft zu generieren, und in die Gesellschaft hinein zu kommunizieren.

Ziel der Arbeit ist es, das Stadt(transformations)modell „BiosphereCITY“ als anwendbare Strategie zu präsentieren, die Rolle der studentischen Entwurfsexperimente in diesem Prozess zu stärken und mit dem UrbanLAB:BiosphereCITY einen Beitrag zur Etablierung der Transformationsforschung als Forschungsperspektive für die gestaltenden Disziplinen Stadt- und Freiraumplanung zu leisten.

Autor: Holger Siegel
Titel: Governance im Projektmanagement des öffentlichen Bauherrn. Eine empirische Untersuchung mit Gestaltungsansätzen im Bundesbau Baden-Württemberg
Beginn: Januar 2018
Erstbegutachter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. (em.) Wolfdietrich Kalusche, Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, Fakultät für Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung

Der Bundesbau steht in einer Zeit globaler Veränderungen vor großen Herausforderungen. Es gelingt oft nicht, Bauprojekte des Bundes innerhalb der geplanten Termine und Kosten abzuschließen. Orientierend an der empirischen Erfolgsfaktorenforschung, wonach der Erfolgsfaktor „Top-Management“ einen wesentlichen Teil des Erfolgs in Projekten erklärt, soll im Rahmen der Dissertation ein Beitrag geleistet werden, Governance-immanenten Erfolg in Bauprojekten und in der Projektorganisation zu identifizieren und die Bedeutung und Aufgaben des Governance-Konzepts zu beschreiben. Eine quantitative Querschnittsstudie arbeitet anhand von 48 Governance-Erfolgsfaktoren und 18 Projekterfolgskriterien datenanalytisch die an der Verwaltungseffektivität (Wird das Richtige getan?) und der Verwaltungseffizienz (Wird es richtig getan?) ausgerichteten Forschungsfragen und Forschungshypothesen auf. Die Auswertung der Ergebnisse (Pretest) deutet darauf hin, dass Governance-implementierte Strukturen den Erfolg in den Bauprojekten des Bundes signifikant verbessern können.

Suchbegriffe: Projektgovernance; Organisationale Governance; Kulturelle Governance; Erfolgsfaktoren; Öffentlicher Sektor; Bundesbau